Dienstag, 18. Oktober 2016

Vier Wochen nach der Wahl


Vier Wochen nach der Wahl



Die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) sind jetzt einen Monat her. Getan hat sich seitdem nicht viel. Zumindest nicht auf städtischer Ebene. Kurz nach dem Urnengang fanden Gespräche zwischen Wahlsieger SPD und allen anderen demokratischen Parteien statt. Obwohl Michael Müller schon vor der Wahl ein Bündnis aus Sozialdemokraten, Linken und Grünen bevorzugte, sprach er auch mit CDU und FDP. Lediglich die Alternative für Deutschland (AfD) wurde zu keinem Gesprächstermin geladen.


Auch wenn es nach außen hin nach ernstgemeinten Gesprächen zwischen SPD, FDP und CDU aussah, konnte man sehr schnell davon ausgehen, dass hier lediglich eine Pflichtveranstaltung stattfand. Denn weder der Regierende noch sein Nochinnensenator von der CDU wurden in der Vergangenheit richtig warm miteinander. Zwar steckte man gemeinsam in einer Regierungskoalition, doch eine Liebesheirat war es damals nicht. Amtsvorgänger Klaus Wowereit wollte eigentlich Rot-Grün, doch an der Stadtautobahn haperte es damals. Und bevor es Neuwahlen gab, ging er eine Ehe mit der Union ein. Auf halber Strecke der Legislaturperiode ging Wowereit dann in den politischen Ruhestand, übergab das Zepter an den damaligen Stadtentwicklungssenator Müller. Unumstritten war diese Personalie nicht, gab es doch innerhalb der SPD noch wie weitere Kandidaten auf den Chefsessel im Roten Rathaus. Müllers Wahl zum Regierenden ging an wochenlanger Kleinkrieg innerhalb der Sozialdemokraten voraus, der am Ende den ganzen Senat lähmte. Aus Sicht der CDU muss an dieser Stelle gesagt werden: Damals eine vertane Chance. Die Umfragen waren gut. Es gab eine Möglichkeit eines schwarzgrünen Bündnisses. Doch getraut haben sich beide Parteien nicht.

Wenige Tage nach der Wahl, welche für SPD, CDU und Grüne ergebnistechnisch unschön ausging, einigten sich die Parteispitzen von rot-rot-grün auf Koalitionsgespräche. Entsprechende Parteigremien mussten den Weg dafür noch freimachen. Allerdings war dies bei den drei neuen Koalitionären eine Pflicht, denn die Zustimmung wurde schon vorher, auf breiter Ebene signalisiert.

Nun ist es also soweit: SPD, Linke und Grüne arbeiten hart am Dreierbündnis. Aus der lokalen Presse ist dazu nicht viel zu entnehmen. Hier und da geistern zwar immer mal wieder ein paar Namen durch die Gegend, doch das gehört nach einer Wahl immer dazu. Nur eine Sache ist neu: Schon kurz nach der Wahl geriet der Regierende Bürgermeister innerhalb seiner Partei in starke Kritik, gibt man ihm doch eine Mitschuld am desaströsen Abschneiden seiner Partei.

Was macht eigentlich die Union?




Natürlich werden vieler Orts noch die Wunden geleckt. Schließlich muss eine herbe Schlappe verdaut werden, obwohl fünf Jahre lang mitregiert wurde. Aus Sicht der Wähler wohl eben nur mit und nicht klar erkennbar. Schwer hatte es die Union auch mit einer immer stärker werdenden AfD. Der Neuling gräbt sicherlich allen Parteien die Wähler ab, doch besonders viele Anhänger der Christdemokraten liefen über. Quer durch alle Bezirke der Stadt, quer durch alle Bildungsschichten.

Ziel der CDU muss nun der politische und personelle Neuanfang sein. Die Weichen dazu wurden bereits gestellt. Der glücklose Innensenator und Parteichef Frank Henkel räumt seinen Stuhl. Nicht nur den im Senat, sondern auch den in der Parteispitze. Monika Grütters soll seine Nachfolgerin werden.

Die Partei tut gut daran, schnellstens im 21. Jahrhundert anzukommen. Bundesweit ist es ja bereits erfolgreich gelungen, doch in der Bundeshauptstadt, einem ehemaligen Vorzeigeort deutscher Politik, hapert es noch gewaltig. Ein charismatischer Bürgermeister a la Eberhard Diepgen ist nicht in Sicht. Die letzten Kandidaten für das Rote Rathaus agierten alle samt ohne Fortune. Auf Bezirksebene ist die Lage nicht besser. In manchen Teilen der Stadt ist die CDU quasi nicht mehr existent. Dachte man in Friedrichshain-Kreuzberg, tiefer als das Ergebnis vom letzten Mal könne man nicht sinken, wurde die Partei eines Besseren belehrt. Die Stimmverluste sind zwar nicht mehr so immens, wie in den letzten Jahren, doch ein Minus ist ein Minus.

Selbst in den ehemaligen Hochburgen Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf wackelte die Union. Teilweise verlor sie kräftig an Zustimmung, kann aber stärkste Kraft bleiben. Auch der Chef im Rathaus kann von der CDU gestellt werden.

Doch es gibt auch die andere Seite der Medaille: In einigen Ecken kommen die Christdemokraten auf keinen grünen Zweig. Über Friedrichshain und Kreuzberg habe ich ja bereits geschrieben, doch es gibt noch andere Bezirke, die durchaus Potential für einen Bürgermeister der bürgerlichen Mitte haben: Neukölln, Tempelhof-Schöneberg, Spandau, Charlottenburg-Wilmersdorf, ja selbst Mitte.

„Mund abwischen und nach vorne gucken!“, das sollte die Devise für die stärke Oppositionskraft im neuen Abgeordnetenhaus sein. Mit viel Anstrengung und etwas Glück stellt die CDU bald wieder einen Regierenden Bürgermeister.


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